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Mädchen, Frau etc.

Autor: Bernardine Evaristo
Verlag: Tropen
Seiten: 507
Erscheinungsdatum: 23. Januar 2021
weitere Bücher des Autors: Mädchen, Frau etc.





Klappentext

Die Dramatikerin Amma steht kurz vor dem Durchbruch. In ihrer ersten Inszenierung am Londoner National Theatre setzt sie sich mit ihrer Identität als schwarze, lesbische Frau auseinander. Ihre gute Freundin Shirley hingegen ist nach jahrzehntelanger Arbeit an unterfinanzierten Londoner Schulen ausgebrannt. Carole hat Shirley, ihrer ehemaligen Lehrerin, viel zu verdanken, sie arbeitet inzwischen als erfolgreiche Investmentbankerin. Caroles Mutter Bummi will ebenfalls auf eigenen Füßen stehen und gründet eine Reinigungsfirma. Sie ist in Nigeria in armen Verhältnissen aufgewachsen und hat ihrer Tochter Carole aus guten Gründen einen englischen Vornamen gegeben.


Meine Meinung


Meine letzten Lesewochen waren ja geprägt von einigem Mittelmäßigem. Vieles mochte ich, doch kaum etwas konnte mich wirklich überzeugen. "Mädchen, Frau etc." hat das endlich mal wieder geschafft. Dieser Roman war einfach wundervoll und vereinte so viel, dass man es kaum beschreiben kann.
Die Zusammenfassung des Inhalts ist dabei relativ schwer, denn meiner Meinung nach wird sie dem tatsächlichen Inhalt kaum gerecht. Ganz grob gesagt, geht es um 12 Menschen, die sich darin ähneln, dass sie in England aufgewachsen, weiblich sind und schwarze Vorfahren haben. Ansonsten sind sie vollkommen unterschiedlich, was es betrifft, wie sie aufgewachsen sind, wie alt sie sind, wie sie nun leben. Als ich beschloss, den Roman zu lesen, konnte ich mir nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Ich war neugierig, ja, aber es könnte gut sein, dass er noch einige Zeit auf dem SuB gefristet hätte, wäre er nicht nun zur Lektüre eines Leseclubs erkoren worden. Und hey, bin ich froh, ihn gelesen zu haben!
Wenn es sich nämlich etwas seltsam anhört, dass das Buch aus vier Kapiteln mit je drei Geschichten von Frauen besteht, ist es das gar nicht! Anfangs dachte ich noch, das wäre alles relativ unzusammenhängend. Innerhalb eines Kapitels waren die Beziehungen der Frauen klar, doch übergreifend brauchte ich teilweise bis zum Schluss, zur Premierenparty und den Epilog, dass ich alles klar sah. Doch dann wird es umso schöner, denn Bernardine Evaristo schlägt einen beeindruckenden Bogen, um all diese Menschen plausibel miteinander zu verknüpfen. Und dabei ist jede dieser zwölf Geschichten, jedes dieser Schicksale für sich spannend, greift die Autorin doch auch immer wichtige Themen auf. Anfangs war ich hier etwas skeptisch. Aber das lag ehrlicherweise daran, dass Amma, die erste Frau, um die es geht, nicht unbedingt meiner Lebenswelt entspricht. Sie ist eine dunkelhäutige Frau mittleren Alters, in der Theaterszene aktiv und homosexuell. Da habe ich mich eher von Yazz Geschichte angesprochen gefühlt, Ammas Tochter, die direkt danach erzählt wird. 
Aber selbst wenn ich mich mal nicht von der Lebenswelt angesprochen fühlte, wurde es von Kapitel zu Kapitel beeindruckender, wie Bernardine Evaristo es schaffte, die verschiedensten Lebenswelten aufzuspannen, die verschiedensten Probleme anzusprechen. Sie zeigte konservative Frauen, die nur manchmal davon träumen, ein selbstständigeres Leben zu führen oder dies sogar schon aufgegeben haben. Feministinnen, die sich stark für ihre Rechte einsetzen und doch nicht vor toxischen Beziehungen bewahrt sind. Lesben, die sehr liberal daherkommen, nur um sich dann als transphob zu entpuppen. Besonders das Thema Diversity fand ich hier toll aufgearbeitet. Bernardine Evaristo schafft es nämlich, dieses Thema so aufzurollen, dass man die Aspekte davon, die sie erklärt, wunderbar nachvollziehen kann.
Doch nicht nur, was sie schreibt, hat mich fasziniert, auch wie die Autorin es schreibt, war einfach großartig. Noch nie habe ich so viele Sätze herausgeschrieben, weil sie mich einfach angesprochen haben. Dabei ist die Art, die Bernardine Evaristo ihren Roman schreibt, erst einmal ungewöhnlich. Es gibt nämlich keine Punkte (nur Fragezeichen und Kommas), keine Anführungszeichen bei Dialogen und auch der Anfang eines Satzes ist nicht groß geschrieben. Ich bin noch nicht dahintergekommen, was genau sie damit bezweckt und anfangs war ich irritiert, aber eigentlich stört das gar nicht beim Lesen. Dafür war ich dann aber auch viel zu gefangen vom Stil der Autorin, der manchmal fast poetisch ist – und so oft mitten ins Herz trifft. "Mädchen, Frau etc." würde ich nicht als "schönes" Buch bezeichnen, aber es ist nichtsdestotrotz großartig.

Mein Fazit


Nach all den Superlativen ist wahrscheinlich klar, dass ich diesen Roman geliebt habe. Er ist provokativ und tiefgreifend und nachdenklich machend und ich war unfassbar froh, ihn nun endlich gelesen zu haben. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung. Für jeden! Und 5 von 5 Sternen.

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