Immer weider kommt es vor, dass ich mich sehr auf eine Buchverfilmung freue. Bei "All the bright places" / "All die verdammt perfekten Tage" zum Beispiel war das der Fall. Denn schon als ich das Buch zum ersten Mal gelesen hatte, stand fest, dass es verfilmt werden würde. Nur dauerte der ganze Prozess dann so lange, dass der Film erst dieses Jahr auf Netflix erschien. Und ich war so begeistert, dass ich die Buchvorlage vorher noch einmal las, sie mir sogar noch auf Englisch besorgte.
Als ich dann so weit war und mir den Film endlich anschaute, wurde ich, ganz simpel, enttäuscht. Und zwar so richtig.
Dabei hatte ich gar nicht mal die crème de la crème erwartet, sondern einfach nur einen netten Teenie-Film. So wie "To all the boys I've loved before", nur mit ein bisschen mehr Drama, weil die Buchvorlage das nunmal hergibt. Was ich allerdings sah, war ein Teenie-Film, der mich über weite Strecken genervt hat. Nicht ausschließlich aber auch wegen der schlechten Umsetzung des Jugendromans, auf dem er basiert. Vor allem darauf werde ich hier eingehen – und dabei auch spoilern, sorry schonmal im Voraus.
Es fing schon mit der ersten Szene an. Gut, an sich ist es ja egal, wo Violet und Finch sich zum ersten Mal treffen beziehungsweise kennenlernen, solange sie über Selbstmord nachdenken. An sich war mir egal, ob sie auf dem Kirchturm ihrer Schule stehen oder , wie hier, auf einer Brücke. Aber wieso ist nur bei Violet die Selbstmord-Intention klar? Wieso joggt Finch casually vorbei und steht nicht auch dort und spielt mit dem Gedanken, zu springen? Wieso ist gleich diese erste Schlüsselszene so falsch?
Aber gut, davon mal abgesehen war der erste Teil des Filmes okay. Nicht überragend, doch das hatte ich ja gar nicht erwartet. Die beiden waren süß miteinander, das Schulprojekt wurde gut widergespiegelt und auch, wie sich Violet und Finch immer weiter annähern. Einziger Haken: Mir fehlte es an einem wichtigen Handlungsstrang, nämlich Finchs Vater. Er hat eine doch recht wichtige Rolle im Buch und im Film wird er zwar hin und wieder erwähnt, taucht allerdings nie auf. Überhaupt lernt man aus Finchs Familie nur dessen große Schwester kennen. Keine Mutter, keine kleine Schwester. Für mich eine ganz simple, falsche Darstellung seiner Familie, die ich zwar nicht gravierend fand, aber doch nervig, weil man es ganz einfach hätte beheben können.
Dann allerdings widmete sich "All the bright places" langsam dem Thema, das die Handlung (eigentlich) schon von Anfang an lenkte, nämlich Mental Illness. Der Schwenk kam mit einem langen Musikstück, das immer melancholischer wurde und während dem nicht geredet wurde, stattdessen nur Szenen gezeigt wurden. An sich schon eine schlimme Einstellung, die ich übertrieben fand, weil sie mir schier unendlich vorkam. So allerdings von der hoffnungsvollen Romcom auf das Melodram hinzuschwenken, zu dem der Film schließlich wurde, war doch recht plump. Und alles, was danach kam, noch viel mehr. Sagen wir es so, ab diesem Moment habe ich mich wirklich über die Verfilmung geärgert. Sei es wegen Kleinigkeiten, wie dass Finch beim Umgestalten seines Zimmers es im Film nicht einmal schafft, die Wände richtig zu streichen (das fand ich tatsächlich ziemlich lächerlich, wer macht das so?), oder aber Patzer wie kurz vor dem Ende. Da erklärt Film-Finch nämlich allen möglichen Menschen, er sei bipolar. Einfach so. Als wäre es keine große Sache. Wer das Buch gelesen hat, weiß, weshalb ich mich so darüber aufrege. Buch-Finch hasst es nämlich, in eine Schublade gesteckt zu werden. Das Wort "bipolar" nimmt er nie in den Mund, denkt es sogar fast nie. Und doch wirft er im Film fröhlich damit um sich. Nein. Einfach nein.
Und Violets Monolog am Ende? Ihr Vortrag vor einer versammelten Schulklasse? Sorry, das war für mich Fremdschämpotenzial. Gut, ich habe verstanden, dass Violet nach alles sehr hoffnungsvoll war, aber ihr Vorrag war so pathetisch, so cringy, dass ich kaum zuhören konnte.
Auch zum Cast muss ich ein paar Worte loswerden. Da ich den Verfilmungs-Prozess sehr früh mitverfolgt habe, weiß ich, dass Elle Fanning als Violet schon sehr früh feststand. Eine Wahl, die ich okay finde. Sie ist meiner Meinung nach zwar keine überragende Schauspielerin, aber sie war als Violet Markey okay, hat ihren Charakter ganz gut wiedergespiegelt.
Finch zu finden zog sich hingegen hin und zwar ziemlich lange. Was ich verstehen kann, denn seine Persönlichkeit ist sicherlich nicht gerade einfach einzufangen. Und es tut mir leid, aber Justice Smith hat das meiner Meinung nach nicht geschafft. Nicht weil er so gar nicht aussieht wie Buch-Finch, der sehr groß ist, weiß und blaue Augen hat. Ja, das ist mir als Erstes aufgefallen, als Smith als gecasteter Finch bekannt gegeben wurde, aber es war mir doch mehr oder weniger egal. Solange er nur Theodore Finch rüberbringen würde. Seine verschiedenen Facetten, die Umkrempelung seiner Persönlichkeit, seine manischen Phasen. Doch bei mir ist das nicht rübergekommen. Womit ich mir jemand anderen für Finch gewünscht hätte.
Und noch etwas: Offenbar war es den Showrunnern wichtig, eine gewisse Diversität in den Cast zu bekommen. Doch offenbar hört Diversität bei der Hautfarbe auf, denn Brenda, eine von Finchs Freunden, ist im Buch eigentlich als Plus Size beschrieben. Während sie hier sehr dünn ist. Muss ich mehr dazu sagen?
Alles in allem war "All the bright places" für mich also ein ziemlicher Flopp. Leider. Die Geschichte hätte das Potential gehabt, ein nächstes "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" zu werden. Mit Liebe und Drama und Herzschmerz. Stattdessen kam das dabei raus. Meiner Meinung nach nicht empfehlenswert.
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