Autor: Christelle Dabos
Verlag: Insel Verlag
Seiten: 537
Erscheinungsdatum: 11. März 2019
weitere Bücher des Autors:
Die Spiegelreisende (Die Verlobten den Winters, Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast, Das Gedächtnis von Babel)
Klappentext
Ophelia lebt auf der friedlichen Arche Anima. Am liebsten versteckt sie sich hinter ihrer Brille und einem langen Schal. Dabei hat die junge Frau ganz besondere Talente: Sie kann Gegenstände lesen und durch Spiegel reisen. Eines Tages wird ihr Unheilvolles verkündet: Sie soll auf den eisigen Pol ziehen und den Adligen Thorn heiraten. Wer ist der Mann, mit dem sie von nun an leben soll? Und warum wurde ausgerechnet sie auserkoren? Ohne zu wissen, was sie erwartet, macht sich Ophelia auf den Weg in ihr neues, blitzgefährliches Zuhause.
Meine Meinung
Zur Buchgestaltung
Ja, verglichen mit anderen Buchcovern, vor allem aus dem Genre Fantasy, wirkt dieses hier eher unscheinbar. Oder sagen wir eher untypisch, denn sonst sind solche Bücher ja eher anders gestaltet, mit Menschen darauf oder mit fantastischen Elementen. Nicht mit der Zeichnung, die wie von einem Bleistift wirkt und auf einfachem, hellblauem Hintergrund liegt. Und einer Schrift, die sich auf einem weißen Banner dahinwindet. Doch genau das finde ich hier ja so schön! Das Einzige, was mir hier gestaltungstechnisch ein bisschen gefehlt hat, war eine Karte, denn man erfährt zwar ein bisschen etwas über den Weltenaufbau, aber ich da gerne eine Illustration dazu.
Zum Buch
Ich hatte ja das Glück, dieses Buch im Zuge einer Leserunde auf Lesejury lesen zu dürfen. Sagen wir es so, der Klappentext hat mich wirklich neugierig gemacht, genauso wie die Leseprobe. Und ja, auch das Statement, die Geschichte würde "Harry Potter" in nichts nachstehen. Wobei ich von Vornherein sagen muss, dass man das nicht so wörtlich nehmen sollte. Wer "Die Verlobten des Winters" unbedingt mit "Harry Potter" vergleichen möchte und eine Story jener Art erwartet, wird sehr wahrscheinlich enttäuscht werden. Allerdings finde ich, dass Christelle Dabos es geschafft hat, eine Welt zu kreieren, die auf ähnliche Art und Weise ganz neu, aufregend und fantastisch ist. Die – mich auf jeden Fall – nicht an andere, bereits erschienene Geschichten erinnert hat. Deren Charaktere schrullig sind. Ganz anders als in der Welt des jungen Zauberers, aber eben doch auch so herrlich überspitzt und gleichzeitig sympathisch. Meiner Meinung hinkt der Vergleich also gar nicht mal so sehr, nur eben ähneln sich die Grundbedingungen, nicht die Geschichte an sich und ganz sicher nicht die Details.
Weil ich sie schon kurz erwähnt habe, möchte ich euch kurz die Welt aus der Saga der Spiegelreisenden erklären. Ganz und gar habe ich (noch) nicht verstanden, wie diese entstanden ist, aber jetzt besteht die Erde auf alle Fälle aus mehrere Archen. Das sind, so weit ich das verstanden habe, Erdteile, die nun unabhängig voneinander um den Erdkern schweben. Diese Archen sind alle unterschiedlich geschaffen, was die Lebensbedingungen angeht und es gibt sowohl große als auch kleine Archen. Jede (oder zumindest die, die man kennenlernt) hat einen Familiengeist, von dem die Hauptbevölkerung dieser Arche abstammt. Und auf jeder Arche herrscht eine oder ein paar wenige Fähigkeiten in dieser Bevölkerung vor. Zum Beispiel haben die Bewohner der Arche Anima die Fähigkeit, auf bestimmte Art mit Gegenständen zu kommunizieren, was sich in verschiedenster Art und Weise ausdrücken kann. Ophelias Patentante Roseline beispielsweise kann Papier mit ihren bloßen Händen so bearbeiten, dass Risse oder sonstige Alterserscheinungen verschwinden. Und Ophelia selbst kann Gegenstände lesen, heißt, in ihre Vergangenheit sehen.
Der größte Teil der Handlung spielt auf der großen Arche Pol, wo es selbst in den warmen Monaten noch bitterkalt ist. Hier gibt es gleich mehrere Familien, die verschiedene Fähigkeiten haben, und zudem leben hier noch einige Diener. Mehr will ich dazu jetzt gar nicht verraten, mehr zur Arche Pol solltet ihr lieber selbst nachlesen 😉
So, nun aber mal zur eigentlichen Handlung. Wie der Klappentext bereits verrät, geht es in "Die Verlobten des Winters" um Ophelia, einer jungen Frau von Anima, die (gegen ihren Willen) mit Thorn, einem Bewohner des Pols, verheiratet werden soll. Dafür verlässt sie ihr Zuhause und wird an diesen eisigen Ort mitgenommen. Während sie sich an ihr neues Zuhause gewöhnen muss, versucht sie herauszufinden, wieso ausgerechnet sie als Verlobte ausgesucht wurde. Beides keine besonders leichte Aufgaben, vor allem, da sich Pol als gefährlicher Ort entpuppt, auf dem gerne Machtspiele zwischen den verschiedenen Familien getrieben werden.
Zu Beginn muss ich zugeben, fand ich die Geschichte noch ein wenig langwierig. Denn obwohl an sich viel passiert (die erste Begegnung mit Thorn, der Umzug auf den Pol und die erste Zeit dort), hatte ich irgendwie gleichzeitig das Gefühl, es würde nicht besonders viel passieren oder eben ansonsten nicht viel. Alles wirkte recht langgezogen und dadurch zäh. Doch mit der Zeit wurde das Buch immer spannender, etwa ab dem Punkt, an dem man mehr über Pol erfährt. Die Ereignisse lassen dann auch nicht mehr auf sich warten, finden stattdessen fast Schlag auf Schlag statt und haben mich somit in ihren Sog gezogen, sodass ich zum Ende hin nur zu gerne zu dem Buch gegriffen habe. Man erfährt einfach so viel über die Welt in diesem Roman (auch wenn das in den folgenden Bänden gerne mehr sein darf), über die Charaktere, deren Hintergründe, wie wer zueinander steht. Es ist einfach unfassbar spannend. Und so konnte "Die Verlobten des Winters" auch mit einigen interessanten Wendungen aufwarten (eher zum Ende hin, aber hey, besser später als nie) und hatte einen Abschluss, der mich so neugierig gemacht hat, dass ich nur zu gerne schon den zweiten Teil der Saga hier hätte.
An den Schreibstil von Christelle Dabos musste ich mich erst einmal gewöhnen. Sie schreibt nicht auf diese einfache, auf Anhieb gut lesbare Art, wie man sie von anderen Jugendbuchautoren kennt. Nein, sie schreibt ein wenig behäbiger, mit Fokus auf Details, die immer wieder erwähnt werden, jedoch nicht zu ausschweifend beschreibend, sodass man sich durch zeilen- oder gar seitenlange Beschreibungen kämpfen muss. Christelle Dabos schreibt einfach ein wenig altertümlich, jedoch nicht steif, und immer mal wieder gespickt mit französischen Ausdrücken – was ich übrigens mal sehr süß und interessant fand, denn bisher habe ich noch nicht viele Bücher von französischen Autoren gelesen. Mit der Zeit habe ich mich auf alle Fälle an diesen doch sehr besonderen Stil gewöhnt und dann war er auch wirklich schön lesbar. Noch nicht so, dass ich die Seiten verschlinge, aber muss ja auch nicht immer sein. Was allerdings auch ein wenig seltsam ist, ist die Sichtweise. Der Roman wird ja aus Ophelias Sicht erzählt, aus dritter Perspektive. Und obwohl man vom Wissen her ungefähr auf Ophelias Niveau ist, bekommt man keinen ganz so umfassenden Einblick in deren Gedankenwelt. Immer mal wieder erhascht man einen Fetzen hiervon, aber eben nicht so, dass man meinen könnte, man wäre in Ophelias Kopf.
Das hat mich aber nicht so gestört, dass ich mir keinen guten Eindruck von Ophelias Charakter hätte machen können. Sie ist ein wirklich einzigartiger Charakter und als Protagonistin mal so anders, dass man sich erst einmal an sie gewöhnen muss. Denn erst einmal wirkt sie wie ein verschüchtertes Mäuschen mit ihrer tollpatschigen Art und wie sie dauerhaft mit dieser leisen Stimme spricht. Doch bald schon merkt man, dass da eine unfassbar starke Persönlichkeit dahinter steckt und sie auch sehr eigenwillig und mutig sein kann. Nach ersten Zweifeln hat sich Ophelia also irgendwie in mein Leserherz geschlichen und mich vollends von sich überzeugt 😊
Auch die anderen Figuren sind auf ihre Art jeweils etwas ganz Besonderes. Thorn beispielsweise wirkt anfangs total brüsk und kalt, als könnte er keinerlei Emotion außer Ungeduld empfinden. Und später...ist er immer noch so. Doch man erfährt mehr über ihn, lernt ihn besser kennen, mag ihn irgendwie doch auch. Und genau das hat mich hier auch so fasziniert: Dass die Charaktere sich selbst treu bleiben. Denn klar machen sie Entwicklungen durch und man erkennt ihre verschiedenen Facetten, aber es ist nicht so, als ob sie plötzlich eine komplette Typwandlung durchmachen. Das sowie dass man sich nie ganz sicher sein kann, wem man eigentlich trauen kann, hat dazu geführt, dass mir die Geschichte noch einmal besser gefallen hat.
Weil ich sie schon kurz erwähnt habe, möchte ich euch kurz die Welt aus der Saga der Spiegelreisenden erklären. Ganz und gar habe ich (noch) nicht verstanden, wie diese entstanden ist, aber jetzt besteht die Erde auf alle Fälle aus mehrere Archen. Das sind, so weit ich das verstanden habe, Erdteile, die nun unabhängig voneinander um den Erdkern schweben. Diese Archen sind alle unterschiedlich geschaffen, was die Lebensbedingungen angeht und es gibt sowohl große als auch kleine Archen. Jede (oder zumindest die, die man kennenlernt) hat einen Familiengeist, von dem die Hauptbevölkerung dieser Arche abstammt. Und auf jeder Arche herrscht eine oder ein paar wenige Fähigkeiten in dieser Bevölkerung vor. Zum Beispiel haben die Bewohner der Arche Anima die Fähigkeit, auf bestimmte Art mit Gegenständen zu kommunizieren, was sich in verschiedenster Art und Weise ausdrücken kann. Ophelias Patentante Roseline beispielsweise kann Papier mit ihren bloßen Händen so bearbeiten, dass Risse oder sonstige Alterserscheinungen verschwinden. Und Ophelia selbst kann Gegenstände lesen, heißt, in ihre Vergangenheit sehen.
Der größte Teil der Handlung spielt auf der großen Arche Pol, wo es selbst in den warmen Monaten noch bitterkalt ist. Hier gibt es gleich mehrere Familien, die verschiedene Fähigkeiten haben, und zudem leben hier noch einige Diener. Mehr will ich dazu jetzt gar nicht verraten, mehr zur Arche Pol solltet ihr lieber selbst nachlesen 😉
So, nun aber mal zur eigentlichen Handlung. Wie der Klappentext bereits verrät, geht es in "Die Verlobten des Winters" um Ophelia, einer jungen Frau von Anima, die (gegen ihren Willen) mit Thorn, einem Bewohner des Pols, verheiratet werden soll. Dafür verlässt sie ihr Zuhause und wird an diesen eisigen Ort mitgenommen. Während sie sich an ihr neues Zuhause gewöhnen muss, versucht sie herauszufinden, wieso ausgerechnet sie als Verlobte ausgesucht wurde. Beides keine besonders leichte Aufgaben, vor allem, da sich Pol als gefährlicher Ort entpuppt, auf dem gerne Machtspiele zwischen den verschiedenen Familien getrieben werden.
Zu Beginn muss ich zugeben, fand ich die Geschichte noch ein wenig langwierig. Denn obwohl an sich viel passiert (die erste Begegnung mit Thorn, der Umzug auf den Pol und die erste Zeit dort), hatte ich irgendwie gleichzeitig das Gefühl, es würde nicht besonders viel passieren oder eben ansonsten nicht viel. Alles wirkte recht langgezogen und dadurch zäh. Doch mit der Zeit wurde das Buch immer spannender, etwa ab dem Punkt, an dem man mehr über Pol erfährt. Die Ereignisse lassen dann auch nicht mehr auf sich warten, finden stattdessen fast Schlag auf Schlag statt und haben mich somit in ihren Sog gezogen, sodass ich zum Ende hin nur zu gerne zu dem Buch gegriffen habe. Man erfährt einfach so viel über die Welt in diesem Roman (auch wenn das in den folgenden Bänden gerne mehr sein darf), über die Charaktere, deren Hintergründe, wie wer zueinander steht. Es ist einfach unfassbar spannend. Und so konnte "Die Verlobten des Winters" auch mit einigen interessanten Wendungen aufwarten (eher zum Ende hin, aber hey, besser später als nie) und hatte einen Abschluss, der mich so neugierig gemacht hat, dass ich nur zu gerne schon den zweiten Teil der Saga hier hätte.
An den Schreibstil von Christelle Dabos musste ich mich erst einmal gewöhnen. Sie schreibt nicht auf diese einfache, auf Anhieb gut lesbare Art, wie man sie von anderen Jugendbuchautoren kennt. Nein, sie schreibt ein wenig behäbiger, mit Fokus auf Details, die immer wieder erwähnt werden, jedoch nicht zu ausschweifend beschreibend, sodass man sich durch zeilen- oder gar seitenlange Beschreibungen kämpfen muss. Christelle Dabos schreibt einfach ein wenig altertümlich, jedoch nicht steif, und immer mal wieder gespickt mit französischen Ausdrücken – was ich übrigens mal sehr süß und interessant fand, denn bisher habe ich noch nicht viele Bücher von französischen Autoren gelesen. Mit der Zeit habe ich mich auf alle Fälle an diesen doch sehr besonderen Stil gewöhnt und dann war er auch wirklich schön lesbar. Noch nicht so, dass ich die Seiten verschlinge, aber muss ja auch nicht immer sein. Was allerdings auch ein wenig seltsam ist, ist die Sichtweise. Der Roman wird ja aus Ophelias Sicht erzählt, aus dritter Perspektive. Und obwohl man vom Wissen her ungefähr auf Ophelias Niveau ist, bekommt man keinen ganz so umfassenden Einblick in deren Gedankenwelt. Immer mal wieder erhascht man einen Fetzen hiervon, aber eben nicht so, dass man meinen könnte, man wäre in Ophelias Kopf.
Das hat mich aber nicht so gestört, dass ich mir keinen guten Eindruck von Ophelias Charakter hätte machen können. Sie ist ein wirklich einzigartiger Charakter und als Protagonistin mal so anders, dass man sich erst einmal an sie gewöhnen muss. Denn erst einmal wirkt sie wie ein verschüchtertes Mäuschen mit ihrer tollpatschigen Art und wie sie dauerhaft mit dieser leisen Stimme spricht. Doch bald schon merkt man, dass da eine unfassbar starke Persönlichkeit dahinter steckt und sie auch sehr eigenwillig und mutig sein kann. Nach ersten Zweifeln hat sich Ophelia also irgendwie in mein Leserherz geschlichen und mich vollends von sich überzeugt 😊
Auch die anderen Figuren sind auf ihre Art jeweils etwas ganz Besonderes. Thorn beispielsweise wirkt anfangs total brüsk und kalt, als könnte er keinerlei Emotion außer Ungeduld empfinden. Und später...ist er immer noch so. Doch man erfährt mehr über ihn, lernt ihn besser kennen, mag ihn irgendwie doch auch. Und genau das hat mich hier auch so fasziniert: Dass die Charaktere sich selbst treu bleiben. Denn klar machen sie Entwicklungen durch und man erkennt ihre verschiedenen Facetten, aber es ist nicht so, als ob sie plötzlich eine komplette Typwandlung durchmachen. Das sowie dass man sich nie ganz sicher sein kann, wem man eigentlich trauen kann, hat dazu geführt, dass mir die Geschichte noch einmal besser gefallen hat.
Mein Fazit
Anfangs hatte ich ja noch meine Zweifel, was "Die Verlobten des Winters" anbelangt. Doch je weiter ich gelesen habe, desto mehr habe ich mich nicht bloß an die Art des Buches gewöhnt, sondern sie auch zu schätzen und zu lieben gelernt. Ungefähr bei der Hälfte habe ich mir dann auch den Erscheinungstermin des zweiten Bandes "Die Verschwundenen des Mondscheinpalasts" im Kalender markiert. Gibt es da noch mehr zu sagen? Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und den Tipp, durchzuhalten. Es lohnt sich! Ich gebe diesem wirklich schönen Fantasyroman 4,5 von 5 Sternen.
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